„Ich kan yetzo nit mee …“ Johannes Reuchlin unterwegs im Dienst Württembergs. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, bearb. von Erwin Frauenknecht unter Mitarbeit von Peter Rückert / Maren Volk, Stuttgart 2022, Verlag W. Kohlhammer, 117 S., 72 Abb., 3 Karten, ISBN 978-3-17-042567-5, EUR 12. – Aus Anlass des 500. Todestages des im badischen Pforzheim gebürtigen, aber ab Anfang der 1480er Jahre zumeist in Stuttgart lebenden Humanisten Johannes Reuchlin (1455–1522) war im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vom 14. September 2022 bis zum 24. Februar 2023 eine von F. kuratierte Ausstellung zu sehen, die digital unter https://media.leo-bw.de/media/panoramen/220912_Reuchlin/ auch über das Ausstellungsende hinaus noch zu besichtigen ist. Das Begleitbuch mit Katalog besticht – wie die Ausstellung selbst – durch die zahlreichen präsentierten Urkunden, Hss., Inkunabeln und alten Drucke zu Reuchlins Leben und Wirken, die in hochwertigen Farbaufnahmen präsentiert werden. Dem eigentlichen Katalogteil (S. 50–102) voran stehen fünf Kurzbeiträge, in denen Reuchlin als ein rastloser Reisender vorgestellt wird, der u. a. an mehreren französischen Universitäten studiert hatte und in württembergischen (und vorübergehend auch kurpfälzischen) Diensten nicht nur im deutschsprachigen Raum unterwegs war, sondern 1482, 1490 und 1498 auch Italien bereiste. Die beiden einführenden Beiträge des Hg. (S. 7–26) nehmen vor allem Reuchlins diplomatische Missionen im Auftrag seines Landesherrn Eberhard im Bart (u. a. 1486 bei der Königskrönung Maximilians in Aachen und 1492 am Kaiserhof in Linz) in den Blick. Wolfgang Mährle (S. 27–34) führt anschließend aus, wie Reuchlin auf seinen drei Italienreisen sein humanistisches Netzwerk, seine Bibliothek und ganz allgemein seinen Horizont erweiterte. Während Peter Rückert (S. 35–42) den in jeder Hinsicht ad fontes strebenden Humanisten dann als Besucher der Thermalquellen von Wildbad (1492), Baden-Baden (1503) und Liebenzell (1518 und 1522) näher vorstellt, widmet sich Christian Herrmann (S. 43–49) noch einmal den lateinischen, griechischen und hebräischen Hss. und Drucken aus Reuchlins Bibliothek. Der folgende Katalogteil ist in sieben Themenbereiche untergliedert: Die ersten vier beleuchten den württembergischen Kontext (Reuchlin in Diensten Eberhards); der fünfte („In neuen Diensten, unterwegs zu Erholung und Muße“, S. 83–88) greift die Thematik des Beitrags von Rückert zu den Heilbädern wieder auf; der sechste („Reuchlin als Gelehrter im Spiegel seiner Bücher“) knüpft an Herrmanns Beitrag zu Reuchlins Bibliothek an; der letzte Themenbereich (S. 99–102) gilt Stuttgarter Erinnerungsorten an Johannes Reuchlin. In einem Anhang folgen „Musik und Texte um Johannes Reuchlin“ (S. 103–109). Doppelungen und gelegentliche Missverständnisse (die im Kloster Denkendorf verfasste Predigtlehre Reuchlins war keine „Sammelhandschrift mit Musterpredigten“, so S. 39 u. 86) tun dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Auch für Spezialisten bieten die vorgestellten Urkunden (besonders eindrucksvoll die Abbildung von Eberhards Herzogsurkunde von 1495 auf S. 76f.), Hss. und Drucke anregende Neuigkeiten. Man fragt sich etwa, wie Reuchlin in einer Urkunde von 1482 als decretorum licenciatus (S. 18f. u. 54) bezeichnet werden konnte, obwohl er doch (in Poitiers und später in Tübingen) nachweislich nur im ius civile (vgl. S. 17) promoviert worden ist.
Matthias Dall’Asta
(Rezensiert von: Matthias Dall’Asta)