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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

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Emily Joan Ward, Royal Childhood and Child Kingship. Boy Kings in England, Scotland, France and Germany, c. 1050–1262 (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought. Fourth Series 120) Cambridge u.a. 2022, Cambridge Univ. Press, XXII u. 333 S., Abb., ISBN 978-1-108-83837-5. – Das Königtum Minderjähriger hat in der MA-Forschung immer wieder Interesse gefunden, entsprechende Studien sind allerdings meist nicht vergleichend angelegt und zudem oft auf das Früh-MA konzentriert. Mit der Arbeit von W. zu englischen, schottischen, französischen und römisch-deutschen Königen, die ihre Herrschaft bereits vor Erreichen ihrer Volljährigkeit antraten, ist entsprechend eine Forschungslücke geschlossen. Gegliedert ist die Untersuchung nach der Einleitung (S. 1–29) in drei Oberkapitel. Im ersten Kapitel (S. 31–81) nimmt die Vf. ausgehend von dem für minderjährige Herrscher weit gefährlicheren frühen MA das auffällige Fehlen von Gewalt gegen junge Könige und Thronprätendenten während ihres Untersuchungszeitraums in den Blick. Gut nachvollziehbar arbeitet sie die immer wieder fassbare Bezugnahme der Zeitgenossen auf biblische Vorbilder heraus, die in der Regel zur Legitimation der Herrschaft Minderjähriger herangezogen wurden. Die Kindheit späterer Könige vor der Thronbesteigung thematisiert W. im zweiten Kapitel (S. 83–167). Schon früh wurden sie in herrschaftliche Handlungen eingebunden. Oft versprachen die Großen der verschiedenen Reiche gegenüber den Vätern eidlich, ihrem prospektiven Nachfolger treu und gehorsam zu sein, wobei sich entsprechende Praktiken in Schottland und Frankreich weit seltener fassen lassen als im römisch-deutschen Reich und in England. In Kapitel drei zur Stellung minderjähriger Könige nach ihrer Krönung (S. 169–274) hebt die Vf. hervor, dass bei aller praktischen Begrenzung der Handlungsmöglichkeiten royaler Kleinkinder diese in der Regel von den Zeitgenossen als eigenständig herrschend angesehen wurden. Insgesamt überzeugt W.s Studie, die auch mit einer Vielzahl von wertvollen Einzelbeobachtungen und Neubewertungen zu prominenten Fällen minderjähriger Könige wie etwa des Saliers Heinrich IV. aufwarten kann, durch die konsequente vergleichende Analyse eines europaweiten Phänomens. Sichtbar werden sich vom 11. zur Mitte des 13. Jh. hin auf verschiedenen Ebenen verschiebende Praktiken und Wahrnehmungen, die nicht zuletzt mit einer immer größeren Akzeptanz der Primogenitur sowie von dynastischen Prozessen in den verschiedenen Monarchien Mittel- und Westeuropas korrelierten.

Benjamin Müsegades

(Rezensiert von: Benjamin Müsegades)