Donne, famiglie e patrimoni a Genova e in Liguria nei secoli XII e XIII, a cura di Paola Guglielmotti (Quaderni della Società Ligure di Storia Patria 8) Genova 2020, Società Ligure di storia patria, IX u. 472 S., ISBN 978-88-97099-53-6, EUR 45. – Open access: https://www.storiapatriagenova.it/Docs/Biblioteca_Digitale/SB/5e8c2948172f5c5e0abcd9e8f49f6f79/b0017850f003a9616d24d77fbf42c334.pdf. – Im Fokus der drei Vf. stehen die ökonomischen Möglichkeiten, insbesondere die vermögensrechtlichen Freiheiten von Frauen im Genua und Ligurien des 12.–13. Jh. Zu dieser Gemeinschaftsproduktion hat Paola Guglielmotti sechs, Denise Bezzina vier und Valentina Ruzzin zwei Beiträge beigesteuert. Erstere steckt einleitend das Feld ab (S. 1–28): Die Untersuchungen fußen vornehmlich auf den weitgehend unerschlossenen Genueser Notarsregistern (cartularia), von denen sich etwa ein Dutzend aus der zweiten Hälfte des 12. Jh. und über 200 aus dem 13. Jh. erhalten haben, wohingegen die Überlieferung andernorts oftmals erst im Trecento einsetzt. Anschließend nimmt sich R. der Präsenz von Frauen im Quellencorpus an (S. 29–68), die in vielen Rechtsakten bei verschiedenen vermögensrechtlichen Handlungen begegnen. Offenbar habe man die strengen Rechtsvorgaben für weibliches Handeln nicht immer befolgt. Eine Edition von 20 Dokumenten gibt einen Einblick in die vielfältigen Formulare und Rechtsakte. Die folgenden Beiträge behandeln mehrere Facetten des Vermögensrechts, die hier nur summarisch wiedergegeben werden können: Betrachtet werden zunächst die Heiratsgaben zwischen Norm und Praxis, v.a. die Aussteuer der Frau (dos) und das antefactum, das in Genua auf 100 Lire gedeckelte Geschenk des Ehemanns an seine Gattin (S. 69–136). Anhand von sieben Beispielen wird erhellt, wie im späten 13. Jh. die Mitgift von Frauen verbannter Bürger aus alteingesessenen Familien eingeklagt wurde. Verwandte der Frau, nicht selten die Väter, agierten oft als Prokuratoren. Ob die klagenden Gattinnen ebenfalls verbannt waren, bleibe unklar (S. 137–159). Die bisher unterbelichteten extradotes sollten eigentlich in der alleinigen Verfügungsgewalt der Ehefrau verbleiben, doch habe zunehmend der Ehemann über sie verfügt (S. 161–206). Trotz zunehmender Einschränkungen besaßen Frauen weiterhin die Möglichkeit, autonom Vermögen zu verwalten und anzuhäufen, etwa in Grundbesitz, Handelsaktivitäten oder im Kreditgeschäft (S. 207–242). Mit Blick auf die Frauen aus krisengeschüttelten landadligen Geschlechtern lassen sich vielfältige Stadt-Land-Verflechtungen (u.a. Heiratsstrategien) feststellen (S. 243–276). Ob Familien Einfluss auf Frauenklöster ausübten, wird exemplarisch am benediktinischen Sant’Andrea della Porta in Genua und dem zisterziensischen Santo Stefano a Millesimo analysiert (S. 277–317). Witwen besaßen mehr Einfluss auf Vermögen, Besitz und Nachkommen als Frauen anderen Status (Roberta Braccia, S. 319–346). In ihren Testamenten setzten Frauen bevorzugt männliche Nachkommen als Erben ein, doch lassen sich Nuancierungen und Abweichungen erkennen (S. 347–413). Eingehend betrachtet werden zuletzt die Entscheidungen und Chancen dreier hochstehender Frauen hinsichtlich Besitzungen und Investitionen (S. 415–445). B. fasst die Ergebnisse zusammen (S. 447–472): Man habe zum einen die Verringerung der vermögensrechtlichen Handlungsoptionen von Frauen nachgezeichnet, wobei das 1143 erlassene Verbot der tercia (Zugriff von Frauen bei Tod des Gatten auf ein Drittel der Güter) lediglich eine geläufige Praxis festschrieb; Brüche seien im späten 12. Jh. (exclusio propter dotem) und in den 1270/80ern (exclusio propter masculos) auszumachen; in den anderen ligurischen Regionen seien zeitlich versetzte oder abweichende Entwicklungen im Vergleich zu Genua festzustellen. Zum anderen sei deutlich geworden, dass Frauen bis ins frühe Duecento Vermögen eigenständig verwalteten und investierten. Außerdem lasse sich die grundsätzliche Tendenz bestätigen, dass Frauen sich mit dem Familienverband, in den sie einheirateten, identifizierten sowie dessen Interessen und Familien- wie Gütereinheit zu wahren suchten. Leider wurde darauf verzichtet, Register beizugeben. Doch stellt der anregende Band eine erhebliche Bereicherung und willkommene Ergänzung etwa zu den wichtigen Studien Giovanna Petti Balbis oder Tiziana Lazzaris dar. Und da er auch als Open Access-Ausgabe erschienen ist, steht einer breiten Rezeption nichts im Wege.
Giuseppe Cusa
(Rezensiert von: Giuseppe Cusa)