Sjoerd Levelt, The Middle Dutch Brut. An Edition and Translation (Exeter Medieval Texts and Studies) Liverpool 2021, Liverpool Univ. Press, X u. 165 S., 5 Abb., ISBN 978-1-80034-860-8, GBP 95. – Werner Rolevincks Fasciculus temporum war zweifellos eine der beliebtesten Chroniken des Spät-MA. Der lateinische Urtext (um 1470) wurde zunächst hsl., ab 1473 auch im Druck verbreitet. Bis 1500 erschienen mehrere Dutzend lateinische und volkssprachliche Ausgaben. Die mittelniederländische Ausgabe von Jan Veldener (Utrecht 1480) wurde mit Chroniken von Frankreich, England, Brabant, Utrecht, Flandern, Holland, Geldern und Kleve angereichert (GW 38760). Diese Ausgabe war ungemein erfolgreich: Die GW-Datenbank kennt 124 erhaltene Exemplare, L. hat am Ende seines Buchs nicht weniger als 140 nachgewiesen. Die mittelniederländische Chronik von England aus dieser Inkunabel ist Gegenstand von L.s ausführlich kommentierter Edition. Wichtigste Quelle dieser Chronik ist der anglo-normannische Brut, der aber durch Informationen und Textpassagen aus anderen, überwiegend mittelniederländischen Chroniken erweitert wurde. Zu diesen Quellen gehören Jakob van Maerlants Spiegel historiael und die sogenannte Kurze Chronik von Gouda (gedruckt 1478). L. erklärt ausführlich und sorgfältig, wie der Bearbeiter der Chronik mit seinen Quellen gearbeitet hat, kann jedoch erwartungsgemäß nicht jede Textstelle, die vom Brut abweicht, erklären. Bemerkenswert ist, dass die Chronik von England in der Darstellung des Streits zwischen den Häusern Lancaster und York eindeutig Partei für die Lancaster ergreift. L. versucht erfolgreich, diese Stellungnahme aus der aktuellen politischen Konstellation im Entstehungszeitraum der Chronik zu erklären. So wird diese Chronik, die mit dem Jahr 1471 endet, in die anglo-niederländischen Beziehungen der Zeit eingeordnet. Jede Seite der Ausgabe von 1480 wird in der Edition auf einer Versoseite weitgehend diplomatisch transkribiert, auf der gegenüberliegenden Rectoseite findet der Leser eine genaue (moderne) englische Übersetzung. Da die Chronik von England in Veldeners Ausgabe als Ergänzung zum Fasciculus temporum präsentiert wird, wird das typische Layout mit der Anordnung des Textes oberhalb und unterhalb eines horizontalen Zeitbalkens dort beibehalten. In L.s Edition und auch in der englischen Übersetzung ist dieses Layout weitgehend übernommen. Das Buch endet mit ergiebigen „Explanatory notes“, die für ein gutes Verständnis der gelegentlich etwas spröden und sperrigen mittelniederländischen Chronik unentbehrlich sind.
Eef Overgaauw
(Rezensiert von: Eef Overgaauw)