DA-Rezensionen online

Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

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Hannah Boston, Multiple Allegiance and Its Impact: England and Normandy, 1066–c. 1204, Haskins Society Journal 32 (2020) S. 115–132, beginnt mit einem Forschungsüberblick zur Mehrfachvasallität von Marc Bloch und seinen Nachfolgern bis zur Dekonstruktion des Feudalismus im Werk von Elizabeth Brown und Susan Reynolds, die zwar die Forschung in neue Bahnen gelenkt, aber noch kein alternatives Modell für das Gesellschaftssystem des Hoch-MA zur Verfügung gestellt habe. Noch immer ist in der Forschung zum „Feudalismus“ die von Marc Bloch aufgebrachte Vorstellung virulent, Mehrfachvasallität sei ohne Ausnahme schädlich für die Gesellschaft gewesen. B. kann dagegen in detaillierten statistischen Auswertungen von administrativen Quellen aus den Grafschaften Leicestershire, Derbyshire und Staffordshire nachweisen, dass Mehrfachvasallität recht häufig und nicht in jedem Fall schädlich war. Ähnlich eingehende Studien an Material aus der Normandie wurden durch die Pandemie 2020/21 verhindert, aber alles deutet darauf hin, dass auch in dieser Region die Verhältnisse ähnlich waren. Ein wichtiger Punkt sollte aber, so B., beachtet werden: Mehrfachvasallität wurde dann problematisch, wenn die politische Landschaft zersplittert war, wenn es häufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam wie dem englischen Bürgerkrieg zwischen König Stephan und Kaiserin Mathilda oder in der Normandie den Konflikten zwischen Johann Ohneland und Philipp II. von Frankreich. Solche schwierigen Situationen weckten das Missfallen der zeitgenössischen Geschichtsschreiber und trugen in der Folge zum schlechten Ansehen der Mehrfachvasallität bei.

Thomas J. H. McCarthy (Übers. V. L.)

(Rezensiert von: Thomas J. H. McCarthy)