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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

Sie bleibt nach Erscheinen der Printausgabe online verfügbar.

Alice Rio, Nearly-not miracles of the Carolingian Era: a hypothesis, Haskins Society Journal 32 (2020) S. 1–22, geht aus von der Beobachtung, dass in der Karolingerzeit ein deutlicher Wandel in „production und consumption“ von Wundern festzustellen ist: Statt der großen Wunder der früheren Jahrhunderte berichten die Hagiographen im 8. und 9. Jh. von unspektakulären, geradezu banalen Wundern. Auf der Suche nach den Ursachen betrachtet R. eine Reihe karolingischer Quellen, die von besonders unauffälligen Wundern berichten. Im Ergebnis kommt sie zu der Vermutung, dass die Banalität der karolingischen Wundersammlungen nicht auf Unfähigkeit oder mangelnde Inspiriertheit der Hagiographen zurückzuführen sei, sondern auf die Vorstellungen einer intellektuellen und kulturellen Elite, in der die Fähigkeit, sich zu wundern und Gottes Wirken selbst in den gewöhnlichsten Dingen zu erkennen, hoch geschätzt wurde.

Thomas J. H. McCarthy (Übers. V. L.)

(Rezensiert von: Thomas J. H. McCarthy)