Alexander R. Brondarbit, Power-Brokers and the Yorkist State, 1461–1485, Woodbridge 2020, The Boydell Press, XVII u. 214 S., Abb., ISBN 978-1-78327-534-2, GBP 60. – Die Regierungszeit König Eduards IV. von England ist in der Wissenschaft schon seit langem für ihre schlechte Quellenlage verrufen. In den letzten zehn Jahren ist sie zudem in fortschreitendem Maß vom Interesse einer breiteren Öffentlichkeit an der romantisierten Figur Richards III. überschattet worden. Eduard IV. wird allenfalls die Rolle eines Frauenhelden zugesprochen, der durch seine Eskapaden die Absetzung seines Sohnes (Eduards V.) durch seinen Bruder Richard selbst zu verantworten hatte. Umso mehr ist die Publikation einer Studie mit einem neuen Ansatz zu begrüßen. Das Vorbild für B.s Untersuchung der politischen Einflussnahme am Hof sowohl Eduards als auch in geringerem Maß Richards bilden zwei ältere Werke, Steve Gunns Arbeit über die homines novi am Hof Heinrichs VII. (2016), und Rosemary Horroxs Untersuchung der Unterstützer Richards III. (1989, vgl. DA 48, 769f.), deren Methodik aber bisher nicht auf das Umfeld Eduards IV. übertragen worden ist. B.s erste Kapitel sind weitgehend theoretisch angelegt. Von einer generellen Diskussion der Rolle von Vermittlern im politischen Leben Englands am Ende des MA ausgehend, untersucht er zunächst die breite Gruppe der Mitglieder des königlichen Hofstaats und der königlichen Beamten in den Provinzen. Ein drittes Kapitel wechselt die Perspektive und stellt die Frage, inwieweit sich die Realität, oder auch der Anschein, des Einflusses bei Hof von den Einflussnehmern selbst in soziales Ansehen ummünzen ließ. Die zweite Hälfte des Buchs bietet eine detaillierte Untersuchung zweier bisher weitgehend vernachlässigter Gruppen: der großen Damen des königlichen Umfelds und der Mitglieder des höheren Klerus. Die Bearbeitung der ersten dieser Gruppen ist von besonderer Bedeutung und sollte richtungsweisend für künftige Forschungsarbeit wirken. B. muss oft – vielleicht zu oft – auf Vergleiche mit der energischen Königin Heinrichs VI., Margarete von Anjou, zurückgreifen, und die Frage bleibt offen, inwieweit die vielen einflussreichen Damen ein besonderes Charakteristikum des Hofs und Herrschaftssystems der Könige aus dem Haus York darstellten. B.s Buch beruht auf einer beeindruckenden Menge neuer Archivarbeit, nicht nur in den National Archives in Kew, sondern auch in einer Reihe von privaten und Lokalarchiven, wobei er besonders interessantes Material in städtischen Sammlungen zu Tage gefördert hat. Ist seine Schlussfolgerung, dass sich das Klientelwesen am Hof Eduards IV. in langetablierten, ‘ma.’ Bahnen bewegte, auch kaum überraschend, so ist die Untersuchung, aus der sie hervorgeht, aufgrund seiner intensiven Quellenarbeit doch ein wertvoller Beitrag zum Stand der Forschung.
Hannes Kleineke
(Rezensiert von: Hannes Kleineke)