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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

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Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg. Das Bistum Naumburg 2: Das Domstift Naumburg. Im Auftrage der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bearbeitet von Matthias Ludwig (Germania Sacra, dritte Folge 19/1–2) Berlin / Boston 2022, De Gruyter Akademie Forschung, XVI u. 1441 S. in 2 Teilbden., 4 Karten, ISBN 978-3-11-072704-3, EUR 290. – In dem monumentalen Werk schildert L. die Entwicklung des Domstifts Naumburg von seiner Gründung um 1028 bis zum Ende der Germania Sacra im Jahr 1803. Das überaus ambitionierte Vorhaben beruht auf jahrelanger Sammlung und Auswertung des umfangreichen Quellenmaterials sowie auf einigen wenigen, teils nicht publizierten älteren Vorarbeiten. Darüber hinaus ist als wichtige neuere Vorarbeit die Darstellung von Heinz Wiessner zum Bistum Naumburg in derselben Reihe zu nennen (1997, vgl. DA 56, 361f.). Das Werk ist die erste umfassende monographische Darstellung des Naumburger Domstifts, das von seiner Gründung bis 1803 die wesentlichen Grundlagen seiner Verfassung, Wirtschaftsführung und Wahrnehmung hoheitlicher Rechte bewahrt hat. Erst der Übergang des Domstifts an Preußen im Zuge der territorialen Veränderungen des Wiener Kongresses 1815 bewirkte die allmähliche, jedoch erst 1930 vollzogene Umwandlung in eine Stiftung öffentlichen Rechts, die noch heute unter der Aufsicht und Repräsentanz eines Vereinigten Domkapitels existiert. Die Gliederung des Bandes folgt dem bewährten Muster der Reihe. Zunächst werden ausführlich Quellen, Literatur und Denkmäler dargestellt. Den Denkmälern allein sind mehr als 100 Seiten gewidmet. Dazu zählt auch der Naumburger Dom, der im Jahr 2018 zum UNESCO-Welterbe erklärt worden ist. Bemerkenswert sind ebenso das Archiv und die Bibliothek des Domstifts, welche im zweiten Kapitel behandelt werden. Im Archiv befinden sich rund 2000 Urkunden und etwa 30.000 Aktenbände. Von den Urkunden sind 1120 im Original erhalten, darunter zahlreiche Herrscher- und Papsturkunden. Nach einer Übersicht der historischen Entwicklung in Kapitel 3 folgt ein mehr als 300 Seiten umfassendes Kapitel über die Verfassung und Verwaltung des Domstifts. Hier werden die Kapitelstatuten, die Mitglieder des Kapitels und alle weiteren Funktionsträger bis zum Torwächter und zum Totengräber, aber auch die Außenbeziehungen, u. a. zur römischen Kurie, zum Bischof, zum Landesherrn oder zur Stadt Naumburg, behandelt. Seit dem 12. Jh. konnte das Domkapitel immer größeren Einfluss auf die bischöfliche Politik und die Verwaltung des Bistums nehmen. Kapitel 5 ist mit gut 170 Seiten dem religiösen und geistigen Leben gewidmet, u. a. dem Gottesdienst, den Prozessionen, den Stiftungen oder der Entwicklung der Domschule. Mehr als 200 Seiten umfasst die Geschichte des Besitzes und der Vermögensverwaltung des Domstifts. Abgerundet wird das Werk durch die mit biographischen Angaben versehenen Personallisten der Mitglieder, Funktionsträger und Exspektanten (letztere ohne biographische Daten) des Domstifts im zweiten Teilband auf rund 530 Seiten. Der Band stellt eine eindrucksvolle Arbeitsleistung dar und bietet ein gleichsam enzyklopädisches Standardwerk zur Geschichte des Naumburger Domstifts. Er besticht durch Akribie bei der Ermittlung und Auswertung der Quellen sowie durch eine detaillierte Gliederung, die eine rasche Orientierung in der großen Fülle des Materials ermöglicht. Damit bietet er zugleich eine wichtige Basis für weitere Forschungen auf zahlreichen Feldern wie der Verfassungs-, Kirchen-, Reichs- oder Landesgeschichte des MA und der frühen Neuzeit.

Marko Kreutzmann

(Rezensiert von: Marko Kreutzmann)