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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

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Maximiliane Berger, Der opake Herrscher. Politisches Entscheiden am Hof Friedrichs III. (1440–1486) (Mittelalter-Forschungen 66) Ostfildern 2020, Jan Thorbecke Verlag, VIII u. 530 S., ISBN 978-3-7995-4387-3, EUR 58. – In der 2019 an der Westfälischen Wilhelms-Univ. Münster angenommenen und für den Druck leicht überarbeiteten Diss. untersucht die Vf. anhand von drei Fallbeispielen (Konflikt um den Preußischen Bund 1451–1453, Stettiner Erbfolgestreit 1463–1466, Streit um die Magdeburger Türkensteuer 1480–1486) Prozesse des Entscheidens am Hof Kaiser Friedrichs III. im Spiegel von Gesandtschaftsberichten und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass in sämtlichen Berichten über Entscheiden so gut wie nicht gesprochen werde, dieses also „semantisch marginal“ (S. 352) und das auffallendste Merkmal des Herrschers in den Berichten eine „strukturelle Opazität“ (S. 354) sei. Im Gegensatz zur modernen Auffassung, der zügiges Entscheiden als wesentliches Merkmal gelungener Politik gilt, erweist die Quellenanalyse, dass für die Zeitgenossen des 15. Jh. und für Friedrich III. selbst die Rolle des Herrschers primär in seinem Agieren als ausgleichendes Zünglein an der Waage lag, das durch vorschnelles Entscheiden gestört worden wäre. Die bisweilen beklagten Verzögerungen der Reaktionen und die ‘Undurchschaubarkeit’ Friedrichs sind durchaus als bewusste Strategien des Reichsoberhaupts im Interesse der Wahrung des eigenen Handlungsspielraums zu betrachten. Die Lektüre des Bandes ist – das mag aber ein subjektiver Eindruck des Rez. sein – nicht immer einfach, da sich des Öfteren Sätze nicht sofort erschließen (vgl. etwa S. 356: „… da er [sc. Friedrich] initiatives Regieren durch katalytische Herrschaft zu ersetzen wusste. Seine Herrschaft zeigt sich in absentia, e silentio und im Potentialis“). Vielleicht ist dies aber auch als ein (seinerseits nicht sofort durchschaubarer) Versuch zu interpretieren, die „Opazität“ auf die sprachliche Darstellungsebene zu übertragen und somit das Ergebnis der Arbeit auch so zu reflektieren.

M. W.

(Rezensiert von: Martin Wagendorfer)