Matylda Gierszewska-Noszczyńska / Holger Grewe (Hg.), Beiträge zur Ingelheimer Pfalz und ihrer Peripherie 2001–2020, redigiert von Katarzyna Ibragimow-Schönfelder (Archäologie und Bauforschung in der Pfalz Ingelheim am Rhein 1) Petersberg 2021, Michael Imhof, 269 S., Abb., ISBN 978-3-7319-1167-8, EUR 49,90. – Pfalzenforschung ist untrennbar mit Ingelheim verbunden. Im engeren Pfalzbereich wurde bereits 1888/89 durch Paul Clemen, dann zwischen 1909 und 1914 durch Christian Rauch und wieder 1960/70 u. a. durch Walter Sage nach sehr unterschiedlichen Standards ausgegraben. Die nun als erster Band einer neuen Reihe vorgelegte Forschungsbilanz widmet sich den jüngeren, 2001–2020 durchgeführten Maßnahmen, die – teilweise in Kooperation mit Universitäten (besonders Bamberg) – die eigens eingerichtete Forschungsstelle Kaiserpfalz Ingelheim verantwortet. Der Sammelband vereinigt 17 Beiträge, die in sieben Themenblöcke gegliedert sind. Nach einer Einführung (S. 15–17) bietet H. Grewe (S. 18–39) einen Abriss der konzeptionellen Grundsätze für das Erforschen, Bewahren und Erschließen der Ingelheimer Pfalz. Der zweite Block widmet sich mit drei Beiträgen von M. Gierszewska-Noszczyńska den frühma. Siedlungsanfängen (S. 41–81). Der Hauptteil behandelt als dritten Themenbereich mit vier Beiträgen von Grewe und Katharina Peisker die karolingische Pfalzanlage (S. 83–141). Im vierten Kapitel „Bauliche Entwicklung der Pfalzanlage“ betrachtet Grewe (S. 148–155) die Pfalz als Herrschaftsvisualisierung im 12. und 13. Jh., während Gierszewska-Noszczyńska / Piotr Noszczyński (S. 156–177) die Relevanz vorhandener kartographischer Quellen hervorheben. Inhomogen wirkt das fünfte Beitragsbündel „Sakraltopographie“. Nach kurzer Einleitung (S. 181–183) entwickelt Grewe „die bauliche Entwicklung der Pfalz Ingelheim im Hochmittelalter am Beispiel der Sakralarchitektur“ (S. 184–191, 2 Abb. S. 195). Hier ist auch die knappe Vorstellung eines in St. Remigius 2012 entdeckten merowingerzeitlichen Baptisteriums durch Caspar Ehlers / Holger Grewe / Sebastian Ristow (S. 192–194 3 Abb. S. 196f.) zu finden, die man unter dem Aufsatztitel „Eine archäologisch entdeckte, bisher unbekannte Taufpiscina in Ingelheim. Perspektiven zur Erforschung der Dualität königlicher und bischöflicher Siedlungstätigkeit im Frühmittelalter“ kaum erwarten würde. Thema sechs ist die Wasserversorgung. Die Einführung von Grewe (S. 201–203) geht auf die Forschungsgeschichte ein, in der die schon 1906 untersuchte, von den Karlsquellen bei Heidesheim kommende, 6,8 km lange unterirdische Kanalwasserleitung zumeist als römisch angesehen wurde. Mit guten Argumenten spricht sich Peter Haupt (S. 204–208) nach einer Diskussion des Verlaufs für eine karolingische Datierung (über C14-Datierungen an Holzkohlestückchen aus dem Mörtel) und einen Funktionszusammenhang mit der Pfalz aus. Es folgt der Wiederabdruck einer Arbeit von Grewe (S. 209–213). 17 Abbildungen illustrieren die kulturgeschichtlich interessante Wasserversorgung, die von anderen Pfalzen so nicht bekannt ist. Der siebte Themenbereich bringt „Kleinfunde“ mit einer kurzen Einleitung von Grewe (S. 225–227). Vorgestellt werden exemplarisch drei Fundstücke, die aber mit ihrer Auffindung alle nicht in den vom Buchtitel fokussierten Berichtszeitraum fallen. Ein wieder abgedruckter Aufsatz von Peter-Hugo Martin (S. 228–232, Abb. S. 242–246) behandelt den 1996 im Kiliansgarten zwischen Palatium und Remigiuskirche gemachten Fund einer seltenen Goldmünze, eines Solidus aus Arles mit verwildertem Bild und der Namensnennung Karls des Großen als Kaiser. Ein weiterer Vorzeigefund ist die von Grewe (S. 233–236, Abb. S. 247f.) besprochene, 1994 bei der Palastaula geborgene anglokarolingische Riemenzunge aus der zweiten Hälfte des 8. Jh. Weniger spektakulär ist die im selben Jahr als Detektorfund entdeckte spätkarolingisch-frühottonische Kreuzemailscheibenfibel, die ein wieder abgedruckter Aufsatz von Grewe (S. 237–240, Abb. S. 248f.) aus der Festschrift für Egon Wamers (2017) vorstellt. Das Layout wirkt sehr unruhig-verspielt, bringt viele Leerseiten und trennt Text und Abbildungen. Dies ist zwar vielleicht für ein breiteres Publikum gut zu blättern; für den wissenschaftlich interessierten Leser wäre ein Aufbau mit textintegrierten Abbildungen, die doch mehr als dekorative Illustrationen sein sollten, besser nachvollziehbar. Positiv zu beurteilen bleibt aber sicherlich, dass der attraktive Band den Forschungsstand zu Ingelheim auch für Fernerstehende bilanziert. Man kann sich nur wünschen, dass bald weitere forschungsorientierte Folgebände in der neuen Reihe erscheinen werden.
Bernd Päffgen
(Rezensiert von: Bernd Päffgen)