Gemma Wheeler, Gaimar’s Estoire des Engleis. Kingship and Power, Cambridge 2021, D. S. Brewer, 228 S., Abb., ISBN 978-1-84384-607-9. – W. legt die erste ganzheitliche Studie zu Gaimars Vorstellungen zum Königtum vor. Ihre Untersuchung zielt darauf ab, bisherige Ansichten der Forschung in Frage zu stellen und neu zu evaluieren. In der Einleitung stehen Gaimars Leben und Werk im Fokus sowie die bisherige Forschungslandschaft. Im ersten Kapitel geht die Vf. auf den fiktiven Haveloc und seine beiden Rivalen Edulf und Edelsi ein. Gaimar nutzt Haveloc als Modell für die folgenden Herrscher, seine Rivalen als Prototypen eines schlechten Herrschers (rex inutilis). Es gelingt W. überzeugend darzustellen, dass sich die in der Haveloc-Episode etablierten Muster durch Gaimars Estoire ziehen. Die negativen Eigenschaften Edulfs und Edelsis spiegelt Gaimar insbesondere bei Edgar, Knut und Rufus wider. Edgar ist korrumpiert durch fleischliche Lust, die er nicht beherrschen kann. Dadurch wird alles Gute, das er während seiner Herrschaft erreicht, ins Negative umgekehrt. In der Darstellung Knuts sticht dessen Überheblichkeit ins Auge, wenn er glaubt, über Gottes Gesetzen zu stehen. Wilhelm Rufus wird als einnehmender Tyrann dargestellt, dessen Persönlichkeit auf den ersten Blick den Eindruck königlicher Majestät hinterlässt. Sein Tod ist jedoch die endgültige Anklage gegen seine Versäumnisse als König. Gaimar gibt diesen vier Herrschern in seinem Werk mehr Raum als anderen Charakteren. Auf diese Weise entwirft er ein moralisches Muster für einen idealen König. Durch den Vergleich der Darstellungen von Haveloc mit denen von Edgar, Knut und Rufus gelingt es der Vf., Muster in der Darstellung des Königtums und der Übertragung der Macht zwischen Königen, ihren Kindern und ihren Rivalen in Gaimars Werk aufzuzeigen. Darüber hinaus ordnet ihr Buch Gaimars Werk in den Kontext der heutigen Forschung ein. Es ist W. gelungen, überzeugend darzulegen, dass Gaimars Estoire des Engleis auch als Werk der höfischen Literatur eine politische Komponente enthält, die bisher in ihrer Dimension verkannt wurde.
Stefanie Schild
(Rezensiert von: Stefanie Schild)