Choix résidentiels et contrôle de la propriété urbaine dans l’Italie du bas Moyen Âge, éd. par Denise Bezzina, Reti Medievali Rivista 23,1 (2022) S. 151–288: In einer umfangreichen Einleitung (S. 153–161) stellt die Hg. die Beiträge eines Studientags vom 7. März 2020 an der Sorbonne vor. Mittels dreier Fallbeispiele (Genua, Rom und Neapel) werden das Phänomen verstärkter Investitionen des Adels in städtische Immobilien im 15. Jh. und die damit verbundenen fiskalischen und erbrechtlichen Probleme thematisiert. – Denise Bezzina, Propriété immobilière et stratégies résidentielles de la noblesse des alberghi génois au XVe siècle à travers le registre Possessionum (1414–1425) (S. 163–198), behandelt den adeligen Immobilienbesitz in Genua. Sie stellt das komplexe System der alberghi, adeliger Immobiliengesellschaften, und ihre wichtigste Quelle, die gabella possessionum von 1414, vor. Die Quelle, primär fiskalischer Natur, erlaubt in gewissem Umfang auch Aufschlüsse über Besitzstrategien einzelner Familien in bestimmten Stadtteilen. Adelige Besitzkonzentration in einzelnen Stadtteilen kann als Vorstufe zur urbanistischen Situation Genuas in der frühen Neuzeit gesehen werden. – Cécile Troadec, Investir la ville. Stratégies immobilières et mobilités résidentielles de la noblesse citadine romaine au XVe siècle (S. 199–220), betont die Attraktivität des Immobilienmarkts Rom nach der Rückkehr des Papstes und kann aufzeigen, dass auch der städtische Adel aktiv auf diesem Markt tätig war. Dabei wurde das Prinzip des Besitzerwerbs in unmittelbarer Nähe des Familienstammsitzes verdrängt durch die Suche nach repräsentativen Immobilien mit guter Sichtbarkeit und örtlicher Nähe zum Papsthof. – Pierre-Bénigne Dufouleur, La transmission des résidences romaines chez les cardinaux du Quattrocento (S. 221–249), beschreibt Rom als „Sonderfall“, wo sich neben dem lokalen Adel zusätzlich die Kardinäle um Immobilienerwerb und Ausbau bzw. Renovierung repräsentativer Paläste bemühten. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt auf der (erb-)rechtlichen Situation dieser Immobilien. Während grundsätzlich die Päpste Immobilien nach dem Tod der jeweiligen Kardinäle als Kirchenbesitz einziehen konnten, bemühten sich letztere unter Berufung auf die Investition eigener Mittel intensiv darum, ihre Paläste in die persönliche Erbmasse einzugliedern. – Monica Santangelo, Stratégies résidentielles, construction de l’espace urbain et distinction sociale à Naples entre le XIVe et le XVIe siècle (S. 251–288), zeigt, wie sich in der königlichen Residenzstadt ohne ausgeprägte kommunale Selbstverwaltung im 15. Jh. mit der Entstehung der fünf seggi nobili eine städtische Repräsentation des Adels herausbildete, die streng zwischen alteingesessenen und zugezogenen Adelsfamilien differenzierte und eine wachsende Kontrolle des städtischen Raums anstrebte. Als Beispiel dient die Familie Brancaccio mit ihren Beziehungen im seggio Nido.
Thomas Hofmann
(Rezensiert von: Thomas Hofmann)