G[raham] A. Loud, The Social World of the Abbey of Cava, c. 1020–1300 (Studies in the History of Medieval Religion 51) Woodbridge 2021, The Boydell Press, 417 S., Abb., ISBN 978-1-78327-632-5, GBP 80. – Das Buch rekonstruiert die Geschichte der Abtei SS. Trinità in Cava de’ Tirreni nahe Salerno aus sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive, eines der bedeutendsten Klöster Süditaliens im MA. Gegründet Anfang des 11. Jh. durch den Adligen Adelferius, entwickelte es sich in diesem und dem darauffolgenden Jahrhundert zum Zentrum einer großen monastischen Kongregation mit einem ausgedehnten Grundbesitz, zahllosen abhängigen Kirchen und Klöstern in Kampanien, der Basilicata und Apulien und Einfluss im ganzen Mezzogiorno. Das wichtigste Zeugnis für diese Geschichte ist das große Klosterarchiv, das auch heute noch in der Abtei verwahrt wird. L. beschäftigt sich seit langem mit der Geschichte der kirchlichen und monastischen Institutionen Süditaliens im 10.–12. Jh. und hat auch Cava schon einige Studien gewidmet, beginnend mit einem wichtigen Aufsatz zu den adligen Schenkungen und der Herausbildung des Grundbesitzes in der Normannenzeit (Anglo-Norman Studies 9, 1987, S. 143–177). Seine Darstellung der Expansion Cavas ist exakt und stützt sich auch auf die neueste Literatur. L. greift u. a. die Frage nach den zahlreichen Fälschungen oder verdächtigen Dokumenten auf, die sich im Klosterarchiv befinden, und sucht nach ihrem Ursprung und ihrer Funktion. Der größte Teil dieser Fälschungen (deren Zahl L., wie dem Rez. scheint, im Gefolge von Carmine Carlone vielleicht etwas zu hoch einschätzt) wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. fabriziert, als das Auftreten der Anjou und die Krise der königlichen Autorität seit 1282 die Lage für Kirchen und Klöster unsicher machten, die den Forderungen und Aneignungsversuchen von Laienadligen schutzlos ausgeliefert waren. Eine systematische Untersuchung der Dokumente, die in der Zeit nach der Expansion Cavas, Ende des 12. bis Ende des 13. Jh., entstanden sind, erlaubt dem Vf. einen Blick aus größter Nähe auf grundlegende Aspekte der bäuerlichen Gesellschaft um Salerno über drei Jahrhunderte hinweg, insbesondere auf die Formen der Verwaltung des Grundbesitzes und auf die Beziehungen zwischen Bauern und Grundbesitzern. Das Kloster erweist sich als überaus rühriger Akteur. Es begnügte sich nicht damit, adlige Schenkungen mehr oder weniger nach dem Willen des Zufalls anzunehmen, sondern investierte große Summen Geldes in Grunderwerb, Geld, das erwirtschaftet wurde, indem man den Überschuss der landwirtschaftlichen Produktion auf den Markt warf. L. vermutet, dass das Kloster tatsächlich den Markt von Salerno beherrschte. Über einen langen Zeitraum hinweg blieben die Formen der Verwaltung vorherrschend, die im Gebiet von Salerno schon seit dem 10. Jh. verbreitet waren, das heißt Teilpachtverhältnisse, während die Pflicht zur Fronarbeit auf einzelne spezifische Zonen begrenzt blieb; aber im Lauf des 13. Jh. begannen sich immer mehr Verträge mit festen Pachtgeldern und Renten in Münzgeld durchzusetzen und waren um 1300 der Normalfall geworden – ein Indiz, wie Münzfluss und Handel immer mehr alle Teile der Gesellschaft durchdrangen. Neben einem Durchlauf durch die „politische“ Geschichte der Abtei, von ihrer großen Expansion bis zu den sich daraus ergebenden Konflikten um die Verteidigung ihres Besitzes und Einflusses, zeigt L. also auch, wie das archivalische Material, gerade in seinen seriellen Eigenschaften, erhellende Einblicke erlaubt in die wirtschaftlichen Entwicklungen einer Gesellschaft und einer Epoche.
Vito Loré (Übers. V. L.)
(Rezensiert von: Vito Loré)