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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

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Mirja Piorr, Königin Christines Hof und die wirtschaftliche Verflechtung mit der Residenzstadt Odense (1496–1521) (Residenzenforschung N. F.: Stadt und Hof 8) Ostfildern 2021, Thorbecke, 682 S., Abb., ISBN 978-3-7995-4540-2, EUR 70. – Königin Christine hatte einen interessanten Lebenslauf. Geboren als sächsische Prinzessin aus dem Haus Wettin, wurde sie als Ehefrau von Johann I. zur Königin von Dänemark und Schweden sowie Herzogin von Schleswig und Holstein. Während des Aufstands des schwedischen Adels gegen den König spielte sie eine aktive Rolle und musste u. a. ein Jahr als Gefangene im Kloster Vadstena zubringen. Nach der Rückkehr von einer Pilgerfahrt nach Wilsnack lebte sie ab 1504 getrennt von ihrem Mann im Schloss Næsbyhoved sowie in der nicht weit davon entfernten Stadtresidenz in Odense. Hier unterhielt die Königin zu Lebzeiten ihres Ehemanns und später als Witwe bis zu ihrem Tod 1521 eine eigene Hofhaltung, die durchschnittlich etwa 100 Personen umfasste – vom adligen Verwalter (lensmand) bis zum Dienstmädchen reichend. In ihrer Studie, einer an der Univ. Kiel erfolgreich eingereichten Diss., untersucht P. die personellen und wirtschaftlichen Grundlagen der königlichen Hofhaltung sowie die wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Residenzstadt Odense, die um 1500 etwa 4000 Einwohner hatte. Die Quellengrundlage bilden Einnahmenverzeichnisse (v. a. Urbare und Zollrechnungen) sowie Rechnungen (Hofhaltungsrechnungen und ein Briefbuch der Königin). Nach einleitenden Bemerkungen zu Odense und den königlichen Residenzen widmet sich die Vf. ausführlich der höfischen Ökonomie. Dargelegt werden die unterschiedlichen Einnahmen (Mitgift, Grundherrschaften, unternehmerische Aktivitäten, Zolleinnahmen) sowie die Ausgaben für Versorgung und Konsum des Hofs. Zu den wichtigsten Ausgabeposten gehören Luxusgüter (Gewürze, Schmuck), Waren des täglichen Bedarfs, Ausstattung und Entlohnung des Hofpersonals. Den wichtigsten Handelspartnern, meist Kaufleute und Handwerker aus Odense, werden eigene kurze Abschnitte gewidmet. In umfangreichen prosopographischen Anhängen werden zum einen die 509 namentlich bekannten Personen des Königinnenhofs und zum anderen die 109 bekannten städtischen Wirtschaftspartner aufgelistet und in ihren Funktionen bzw. mit den von ihnen durchgeführten Transaktionen genannt. Bei der Lektüre lernen die Leser die spezielle Konstellation eines Königinnenhofs kennen und erhalten zahlreiche anschauliche Einblicke in seine Organisation. Dabei zeigt sich, dass Christines Hof und seine wirtschaftlichen Beziehungen zu den Kaufleuten von Odense trotz gewisser Eigenheiten große Ähnlichkeiten zu anderen Fürstenhöfen der Zeit aufweisen. Die Studie ist damit ein wichtiger Baustein in einer international und vergleichend ausgerichteten Residenzenforschung.

Thomas Ertl

(Rezensiert von: Thomas Ertl)