Gesine Güldemund, Das Erbrecht der Buch’schen Glosse (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 35) Wien / Köln 2021, Böhlau, 693 S., Abb., ISBN 978-3-412-52189-9, EUR 100. – Die Studie ist drei Bücher in einem. Zunächst ist das Buch eine Auseinandersetzung mit erbrechtlichen Aspekten im Sachsenspiegel, im gelehrten – und das heißt insbesondere römischen – Recht sowie in der Buch’schen Glosse; sodann enthält es eine kritische Auseinandersetzung mit der germanistischen Literatur zum ma. Erbrecht seit dem 19. Jh.; und schließlich ist es ein Beitrag zur Entstehung der Buch’schen Glosse durch die Diskussion zentraler, bis heute ungeklärter Fragen (z. B. zur schichtweisen Entstehung der Glosse und zur Autorschaft Johanns für Landrecht 3,82–87). Dieser dreifache Ansatz hat einen Preis, nämlich 634 Seiten Text; dieser ist freilich ansprechend geschrieben und übersichtlich gegliedert, so dass der rote Faden jederzeit gewahrt ist. Inhaltlich stellt G. fest, dass Johann die römisch-rechtliche Erbenordnung der Novelle 118 mit kleineren Modifikationen übernommen hat; ebenso bettet er die Vorstellungen des Sachsenspiegels zum Rechtsgeschäft von Todes wegen in das römisch-rechtliche Spannungsverhältnis von Testierfreiheit und Erbenschutz ein. Am wenigsten modifiziert Johann die Regeln des Sachsenspiegels zum Vermögen und dessen Zuordnung an Ehepartner („Ehegüterrecht“). Das unterschiedliche Vorgehen sei, so G., auf die unterschiedliche Regelungsdichte des Sachsenspiegeltexts zurückzuführen, dessen „Auslegungsfähigkeit“ (S. 634) divergierte. Sie folgert schließlich, dass es sich bei der Buch’schen Glosse um „ein durch eine Auslegung des Sachsenspiegeltextes im Sinne des römisch-kanonischen Rechts gewonnenes Regelwerk“ (S. 627) handle, dass mithin die Buch’sche Glosse gerade keine gelebte Rechtspraxis des ausgehenden MA widerspiegle. Die gründliche Studie ist im Ausgangspunkt eine germanistische Arbeit, mit der Einbeziehung des gelehrten Rechts geht sie aber weit darüber hinaus. Insgesamt handelt es sich um eine detailreiche Studie zur Rezeption der gelehrten Rechte im Spät-MA.
Stephan Dusil
(Rezensiert von: Stephan Dusil)