Anne-Maria van Egmond, Materiële representatie opgetekend aan het Haagse Hof 1345–1425, Hilversum 2020, Uitgeverij Verloren, 472 S., Abb., ISBN 978-90-8704-855-6, EUR 39. – Das Leben am Hof der Grafen von Holland war schon aus verschiedenen Perspektiven Gegenstand der kulturhistorischen Forschung (z. B. die höfische Literatur, die Musik, das Zeremoniell). V. E. erweitert diese Tradition nun um die Druckfassung ihrer kunsthistorischen Diss. an der Univ. Amsterdam (2019). Genaugenommen konzentriert sie sich auf die Herrschaft des Hauses Bayern in der Grafschaft Holland-Hennegau und darauf, wie die Grafen materielle Objekte einsetzten, um ihre Macht – angestrebt oder schon erreicht – zu repräsentieren, zu legitimieren und zu festigen (das ist mit dem Begriff „materielle Repräsentation“ im Titel gemeint). Das heißt, sie führt eine objektorientierte Studie durch, die sich aber – und das ist wirklich interessant – in signifikantem Ausmaß auf die detaillierte Untersuchung einer bestimmten Textquelle stützt, und zwar die fast vollständig erhaltenen Rechnungen der Grafschaft Holland (etwa 150 Rechnungsbücher – mehr als 10.000 Blatt – im Nationalarchiv in Den Haag). Die Monographie besteht aus drei Teilen. Der erste behandelt die recht übersichtliche Zahl materieller Objekte, die die Zeiten überdauert haben, beginnend mit der Hofkapelle und einer Rekonstruktion ihrer Ausstattung (die Grablege und eine holzgeschnitzte Portraitserie) (c. 1). Außerdem geht es um die repräsentativen Funktionen von Siegeln, Münzen und Wappen (c. 2) und eine Reihe von Miniaturportraits und Zeichnungen (c. 3). Ausgehend von der Beobachtung, dass die Finanzverwaltung der Grafschaft Holland im Vergleich zu den comptes des Hennegau oder den Rechnungen von Bayern-Straubing (die alle in Personalunion von denselben Fürsten regiert wurden) für diese Art kunsthistorischer Untersuchung ergiebiger ist, wertet der zweite Teil diese Rechnungsbücher aus, und zwar in Kombination mit den wenigen erhaltenen Inventaren. Er zeigt auf, welche Luxusobjekte in den Rechnungen verzeichnet sind und warum, und geht ihrem Verbleib und ihrem Gebrauch nach (c. 5–6). Der dritte und letzte Teil befasst sich mit der Organisation des gräflichen Hofs anhand der Hofordnungen (1351–1356) (c. 7). Er weist auch nach, dass bei Produktion und Erwerb solcher Güter der Markt eine größere Rolle spielte als Mäzenatentum, abgesehen von der wohlbekannten, aber singulären Position eines Jan van Eyck (c. 8). Das Buch schließt mit einer Untersuchung der Rechnungsbücher selbst als materieller Objekte und beleuchtet deren im Lauf der Zeit immer ausgefeiltere Herstellungsart und Dekoration (c. 9). Das Buch ist unverzichtbar nicht nur für jeden, der sich generell für höfisches Leben im MA interessiert, aber es dürfte auch weitere Kreise ansprechen, und zwar aus methodologischen Gründen: Es zeigt vorbildlich, wie die Auswertung von Schriftquellen und speziell Rechnungen wertvolle Einsichten in eine materielle Kultur vermitteln kann, von der nur wenige Objekte real erhalten sind. Zu guter Letzt sei lobend hervorgehoben, dass das facettenreiche und reich illustrierte Werk auch für Nicht-Kunsthistoriker gut zu lesen ist.
David Napolitano (Übers. V. L.)