Lisa Witowski, Das Bamberger Kollegiatstift St. Gangolf im Mittelalter (Bamberger Historische Studien 19) Bamberg 2021, Univ. of Bamberg Press, 423 S., Abb., Karten, ISBN 978-3-86309-815-5, EUR 28. – Die Untersuchung von Säkularkanonikerstiften ist aufgrund der äußerst lückenhaften Quellenlage schwierig, zumal häufig Angaben zur Grundherrschaft und zur Verwaltung (Lehenbücher, Güterverzeichnisse u. a. m.) dominieren und zum stiftsinternen Leben kaum mehr als die Statuten und einige Consuetudines vorhanden sind. Eine ausgewogene Untersuchung mit mehreren Fragestellungen ist damit meist nicht oder nur in wenigen Ansätzen möglich. Deshalb präsentiert W. das Säkularkanonikerstift St. Gangolf in der Bamberger Vorstadt Theuerstadt nach den Gliederungsvorgaben der Germania Sacra. Für das Stift fehlen überwiegend historiographische Hinweise, die Gründungsgeschichte bleibt undeutlich. Die Verehrung von Reliquien der Hauptpatrone Maria und Gangolf bzw. des später hinzugetretenen Johannes Baptista bleibt auf gelegentliche Nennungen beschränkt. Gangolf beispielsweise erscheint zwar im Siegelbild, nicht aber in den Siegelumschriften; hier dominieren Maria und der Lokalhinweis auf die Theuerstadt. Gangolf als Teil der Stiftsbezeichnung wird erst ab der Mitte des 15. Jh. fassbar. St. Gangolf gehörte zu den weniger bedeutenden Kanonikerstiften in Bamberg. Während der Propst immer aus dem (adeligen) Domkapitel kam, konnten die maximal zwölf Kanoniker auch aus bürgerlichen Familien stammen. Die Funktionsträger im Stift lassen sich, wenig überraschend, nicht durchgängig fassen. Es ist das Verdienst dieser Arbeit, ihre Namen in einer Liste erfasst zu haben. Kellereigericht und Besitz sind am besten dokumentiert. Die Grundherrschaft hatte sehr lokalen Charakter, mit einem Schwerpunkt um Hollfeld. Die Arbeit enthält Siegelabbildungen sowie Tabellen zu Siegeln, Stiftsbezeichnungen, Namen für die Theuerstadt und die bereits angesprochene wertvolle Liste der auffindbaren Amtsträger. Sie ist nicht nur für die Regionalgeschichte von Bedeutung, sondern für die Säkularkanonikerforschung in Deutschland insgesamt, denn Kanonikerstifte werden exemplarisch wenig monographisch bearbeitet. Eine hochwillkommene Ausnahme liegt nun dankenswerterweise vor!
Helmut Flachenecker
(Rezensiert von: Helmut Flachenecker)