Stadtrechte und Stadtrechtsreformationen, im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hg. von Andreas Deutsch (Schriftenreihe des Deutschen Rechtswörterbuchs 32) Heidelberg 2021, Univ.-Verlag Winter, 681 S., Abb., Karten, ISBN 978-3-8253-4898-4, EUR 68. – Während die Stadtrechtsgeschichte gerade in den letzten Jahren wieder einen erfreulichen Aufschwung genommen hat, war es um die zwischen 1479 und dem Ende des 16. Jh. erlassenen Stadtrechtsreformationen recht still geworden. Es ist dem Hg. zu verdanken, dass sich eine Reihe hochkarätiger Wissenschaftler auf einer Tagung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften im April 2019 dieser Texte angenommen hat. Im vorliegenden Band sind die dort gehaltenen Vorträge vereinigt, welche die Zeit vom hohen MA bis in die frühe Neuzeit und geographisch den Raum von Oberitalien bis zur Nord- und Ostsee umgreifen. Leitend sollte die Frage sein, inwieweit die Stadtrechtsreformationen sich in Inhalt und Aufbau von den älteren Stadtrechten unterscheiden, welche gemeinsamen Merkmale sie aufweisen und wo die Gründe für die städtische Gesetzgebung liegen. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich trotz der Vielfalt lokaler Besonderheiten zahlreiche Gemeinsamkeiten erkennen lassen (S. 95–97). Der Erlass einer Stadtrechtsreformation war zu allererst Ausdruck städtischer Autonomie. Die Schriftform erleichterte in der Folge den Beweis stadtrechtlicher Regeln im Prozess. Inhaltlich ging es nun nicht mehr nur um Gerichtsverfassung und bürgerliche Freiheiten, sondern um Prozess-, Zivil- und Strafrecht. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Einfluss des römisch-kanonischen Rechts. In Systematik und Inhalt ist den Texten die ordnende Hand des gelehrten Juristen anzusehen. Das überlieferte Stadtrecht und das ius commune verbanden sich in den Reformationen mehr oder weniger intensiv, obwohl vor allem im Grundstücksrecht deutsche Rechtstraditionen bewahrt wurden. Häufig dürfte auch der Wunsch nach inhaltlicher Modernisierung des Rechts leitend gewesen sein. Die Autoren der Reformationen bemühten sich, eine jeweils ausführliche, wenn auch nicht vollständige Sammlung herzustellen, deren zeitgemäße Sprache sowie deren klare Gliederung mit Überschriften und Inhaltsverzeichnis die Anwenderfreundlichkeit erhöhen sollte. Und schließlich ging die Ausarbeitung einer Stadtrechtsreformation mit der „Ausbildung der eigenen obrigkeitlichen Stellung des städtischen Rates, die hier mit dem ius magistratus des römischen Rechts identifiziert wurde,“ einher (J. Friedrich Battenberg, Die Wormser Reformation von 1498/99, S. 333–356, hier S. 353). Umso spannender ist es zu beobachten, aus welchen Gründen in zwei bedeutenden Metropolen (Augsburg und Köln) keine Reformation des Stadtrechts erfolgte. Der umfangreichen Einleitung gelingt es, die tiefgehenden Einzelstudien zu einem geschlossenen Ganzen zu verbinden und so ein unentbehrliches Kompendium zur Stadtrechtsgeschichte vorzulegen, das zugleich gezielt zahlreiche Anregungen für weitere Forschungen gibt.
Steffen Schlinker
(Rezensiert von: Steffen Schlinker)