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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,1 (2023) *.

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Matthias Toplak / Hanne Østhus / Rudolf Simek (ed.), Viking-Age Slavery (Studia Medievalia Septentrionalia 29) Wien 2021, Fassbaender, 226 S., Abb., ISBN 978-3-902575-95-1, EUR 29,90. – Der Band ist aus einer Bonner Tagung vom Oktober 2019 hervorgegangen und betrachtet das Phänomen der Sklaverei in sowohl methodisch wie geographisch vielfältiger Weise. Als erstes stellen Ben Raffield / Leszek Gardeła / Matthias Toplak (S. 7–57) archäologische Zeugnisse im frühma. Skandinavien vor. Ein grundsätzliches Problem ist dabei, dass der Bezug auf die Sklaverei den Gegenständen niemals immanent ist, sondern erst das Ergebnis ihrer Interpretation; stets sind auch andere Erklärungen des Befunds möglich. Jón Viđar Sigurđsson (S. 59–73) gibt zu bedenken, dass Bau und Ausrüstung eines Wikingerschiffs große Mengen an Arbeitskräften erforderten. Dies sei angesichts der großen Zahl von damals gebauten Schiffen ohne den massiven Einsatz von Sklaven ebenso wenig möglich gewesen wie der Betrieb der landwirtschaftlichen Güter während der oft monatelangen Abwesenheit der Männer. Stefan Brink (S. 75–97) hält dem entgegen, dass solche Arbeitskräfte nicht zwangsläufig Sklaven sein mussten, und verweist auf die vielfach differenzierte Rechtsstellung abhängiger Leute im frühma. Skandinavien (siehe auch die vorige Anzeige). Dariusz Adamczyk (S. 99–116) beleuchtet das System des Sklavenhandels in Osteuropa im 9./10. Jh., von den Chasaren im Süden bis zum Baltikum im Norden, im Abgleich von schriftlichen und archäologischen Quellen. Colmán Etchingham (S. 117–145) findet in irischen, angelsächsischen und fränkischen Annalen zwar zahlreiche Hinweise auf die Gefangennahme von Menschen durch Wikinger, bezweifelt aber, dass der hauptsächliche Zweck dabei war, sie anschließend als Sklaven zu verkaufen. Janel M. Fontaine (S. 147–164) schildert die Bestrebungen Erzbischof Wulfstans von York und der englischen Gesetzgebung im frühen 11. Jh., den Sklavenhandel einzudämmen (allerdings nicht ganz zu verbieten). Shachar F. Orlinski (S. 165–184) plädiert wegen der Unschärfe des Rechtsbegriffs servus für die allgemeinere Bezeichnung „human trafficking“ anstelle von „Sklavenhandel“ und bespricht dann einige Beispiele aus der Vita Anskarii und der Vita Rimberti. Zuletzt behandelt Rudolf Simek (S. 185–193) dieselben Beispiele noch etwas ausführlicher; die darin geschilderte Befreiung von Sklaven sei geradezu ein Topos in Heiligenviten. Am Schluss steht eine ausführliche Gesamtbibliographie zum Thema (S. 195–226).

Roman Deutinger

(Rezensiert von: Roman Deutinger)